Novalis & Die heilende Kunst des Märchens / Videovortrag

 

 

"Das Märchen ist der Prüfstein der Poesie ... alles Poetische muss wie ein Märchen sein. Der Dichter verehrt den Zufall."

- Novalis

 

Dieses 20-minütige Vortragsvideo stammt von einer Sitzung der Sektion für Literarische Kunst und Geisteswissenschaften am 20. November 2020. Am Ende des Beitrags finden Sie Aufführungsvideos des Märchens "Hyazinthe und Rosenknospe" von Novalis auf Englisch und Deutsch.

 

Novalis hielt sehr viel von Märchen. Vieles von dem, was Novalis über die geistige Bedeutung der Märchen sagt, wird von Rudolf Steiner hundert oder mehr Jahre nach Novalis' Tod wieder aufgegriffen. Das ist ganz im Sinne der hohen Bedeutung, die Rudolf Steiner Novalis z.B. in der "Letzten Ansprache" beimisst.

Eine der verblüffendsten Aussagen Rudolf Steiners über das Märchen ist, dass "Märchen können helfen, Krankheiten zu bekämpfen." Diese Aussage finden wir in dem Buch Die Welt der Märchendie in der Rubrik Bücher auf dieser Website zu finden ist.

Englische Version:
Hyazinthe und Rosenknospe von Novalis

 

 

 

Deutsche Version:
Hyazinthe und Rosenblütchen von Novalis

 

"In einem echten Märchen muss alles wunderbar, geheimnisvoll und miteinander verbunden sein; alles muss lebendig sein, jedes auf seine eigene Weise. Die ganze Natur muss auf wundersame Weise mit der ganzen Welt des Geistes verschmolzen sein. Im Märchen machen sich die Bande zwischen Anarchie, Gesetzlosigkeit, Freiheit, dem natürlichen Zustand der Natur in der Welt bemerkbar Die Welt des Märchens ist eine Welt, die durchweg einer Welt der rationalen Wahrheit entgegengesetzt ist, und genau aus diesem Grund ist sie so durch und durch eine Analogie zu einer Welt der rationalen Wahrheit, wie das Chaos eine Analogie zur vollendeten Schöpfung ist".

- Novalis

 

"Armes Kind, das noch nicht geliebt hat!"

Das Bild oben ist von William Blake. Betrachten Sie es für einen Moment. (Blake und Novalis haben viel gemeinsam - sie waren Zeitgenossen.) Betrachten Sie dieses Bild und stellen Sie sich vor, dass Sie ein Kind wie dieses auf Ihren Schultern tragen. Ist das Kind glücklich? Traurig? Ängstlich? Beunruhigt? Wütend? Ist es krank? Hat das Kind einen Anfall, oder hat es vielleicht Angst vor der Welt?

Ich war schon immer fasziniert von einer Bemerkung von Novalis in der Novalis sagte, Goethes Märchen sei "Erzählte Oper.” Keine Oper in einer totalen musikalischen Form, sondern eine erzählte Oper, sagt Novalis. Erzählte Oper. Wenn ich meinen Musikerfreunden erzähle, dass ich Märchenvideos mit Sprechkünstlern in Fair Oaks mache - winzige "erzählte Opern" - lächeln sie gewöhnlich und sagen: "Oh gut! Ich werde sie meinen Enkelkindern schenken." Aber diese winzigen "erzählten Opern" sind für Erwachsene! Wie Novalis und Rudolf Steiner betont haben, muss jeder Erwachsene ein wahres Märchen auf die richtige Art und Weise hören! Jeder Erwachsene hat, wie Steiner betonte, ein Kind in sich - ein Kind, das das wahre Märchen immer wieder hören muss. Aber vielleicht lässt der Erwachsene das Kind solche Geschichten nicht hören. Oje! Wie traurig! Der Erwachsene würde lieber die tief verborgenen Bedeutungen des Märchens erklären und weise Dinge sagen oder Lektionen erteilen - aber das Kind will nur eine erzählte Oper genießen.

"Göthes Märchen ist eine erzählte Oper."

- Novalis

"Es ist ein großer Unterschied, ob man als Kind mit Märchen aufgewachsen ist oder nicht. Der seelenbewegende Charakter von Märchenbildern zeigt sich erst später. Wenn es keine Märchen gegeben hat, zeigt sich das in späteren Jahren in der Lebensmüdigkeit, in der Langeweile. Es kommt sogar körperlich zum Ausdruck: Märchen können helfen, Krankheiten zu bekämpfen. Was nach und nach durch Märchen aufgenommen wird, zeigt sich später als Lebensfreude, als Sinn des Lebens - es zeigt sich in der Fähigkeit, das Leben zu bewältigen, bis ins hohe Alter. Kinder müssen die Kraft, die Märchen innewohnt, schon in jungen Jahren erleben, wenn sie es noch können. Wer nicht fähig ist, mit Ideen zu leben, die für die physische Ebene keine Realität haben, "stirbt" für die geistige Welt".

- Rudolf Steiner